Jaroslav Švec
Widerstandskämpfer, beteiligte sich aktiv an der Durchführung der Fluchtaktion
Jaroslav Švec wurde am 18. September 1909 in der Gemeinde Jareschau an der Naser / Jarošov nad Nežárkou bei Humpolec in Südböhmen geboren. Sein Vater arbeitete bei der Bahn, die Mutter war Hausfrau. MUDr. Jaroslav Švec verstarb am 24. Juni 1993 in Michigan, USA.
Nach dem Abitur an einem Realgymnasium studierte Jaroslav Švec an der Karlsuniversität Prag allgemeine Medizin. 1935 wurde er zum Doktor der Medizin promoviert und führte fortan den Titel „MUDr.“ Während des ersten Studienjahres war er zum Grundwehrdienst einberufen worden. Er verpflichtete sich als Zeitsoldat bei der Tschechoslowakischen Armee. Damit war die Finanzierung des Studiums gesichert. Nach der Promotion diente Jaroslav Švec vier Jahre lang bei der Tschechoslowakischen Armee an wechselnden Standorten. In dieser Zeit machte er mehrere Offizierskurse für Militärmediziner.
Vom August 1939 bis zum Mai 1945 war MUDr. Jaroslav Švec als beamteter praktischer Gemeindearzt in Dírná unweit der südböhmischen Stadt Soběslav tätig. Während des Zweiten Weltkriegs nahm Švec als bewusster Patriot an Widerstandsaktivitäten, wie der Herstellung und Verbreitung von Flugblättern, teil. Er versteckte des Öfteren einen von der Gestapo verfolgten Bekannten und war gegen Kriegsende an einigen Kampfhandlungen von Partisanen beteiligt.
Nach dem Krieg diente Jaroslav Švec zunächst wieder bei der Tschechoslowakischen Armee. Er war einige Monate Chefarzt von Militärkrankenhäusern in den südböhmischen Kriegsgefangenenlagern Tábor und Pacov und arbeitete dann ein halbes Jahr lang als Arzt für die UNRRA.
Von Dezember 1946 bis September 1947 war MUDr. Jaroslav Švec Militärarzt in Asch mit dem Dienstgrad eines Majors. Ab November 1947 wirkte er, nunmehr Zivilist, als Amtsarzt in Asch. Seine Arztpraxis befand sich in der Straße Purkyňova in einem Haus, das zugleich als Wohnsitz seiner Familie diente. Švec war praktischer Arzt und Zahnarzt. Daneben wurde er als Sportarzt, Betriebsarzt, Gefängnisarzt und Hygieniker herangezogen, unter anderem bei der Kontrolle von Brunnen im Grenzgebiet. Zu diesem Zweck verfügte er über die Berechtigung, sich in der verbotenen Zone unmittelbar bei der Staatsgrenze aufzuhalten.
Jaroslav Švec wird als sportlich, gesellig und menschenfreundlich beschrieben, eines seiner Hobbys war die Taubenzucht.
Seine Frau Miloslava (5.11.1914 - 19.11.1996) kam als Tochter eines Druckereibesitzers im südböhmischen Soběslav zur Welt. Nach dem Abitur an einem Pädagogischen Institut arbeitete sie als Grundschullehrerin. Seit 1947 lebte sie mit ihrem Mann in Asch. Das Ehepaar Švec hatte drei Söhne.
Nach der Machtergreifung der Kommunisten im Februar 1948 begann Jaroslav Švec, sich im antikommunistischen Widerstand zu engagieren. Er soll Fluchtwillige mit Ratschlägen und Hinweisen zu den Verhältnissen an der Grenze unterstützt und ihnen gelegentlich Beruhigungsmittel verschrieben haben. Wegen seiner offen kritischen Haltung zum kommunistischen Regime war Švec wiederholt Repressionen ausgesetzt. Im Sommer 1951 wurde er bei einer Vernehmung in Karlsbad genötigt, sich zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst zu verpflichten. Fortan bemühte sich dieser wiederholt, von dem Arzt Auskünfte über Bekannte und Patienten abzuschöpfen. Am 9. September wurde Jaroslav Švec erneut vernommen. Er wurde mit der unverhohlenen Drohung unter Druck gesetzt, dass man genug gegen ihn in der Hand habe, um ihn zu verhaften. Švec entschloss sich zur Flucht in den Westen, da er keinen anderen Ausweg mehr sah.
Die Flucht glückte ihm am 11. September 1951 mit dem von Karel Truksa und Jaroslav Konvalinka bei Asch über die Grenze nach Selb-Plößberg umgeleiteten Personenzug. Švec beteiligte sich dadurch aktiv an der Fluchtaktion, dass er die Handbremse des ersten Sitzwagens der Zuggarnitur bei der Grenzüberfahrt bewachte. Außerdem überprüfte er kurz vor der Abfahrt des Personenzuges den Gleisabschnitt beim Ascher Bahnhof ein letztes Mal. Seine Frau und seine drei kleinen Söhne gingen zusammen mit ihm ins Exil.
Nach der Ankunft in Bayern verbrachte Familie Švec zunächst mehrere Monate in verschiedenen Flüchtlingslagern. Ein Antrag auf Asyl in Kanada hatte keinen Erfolg. Familie Švec ging schließlich im Frühjahr 1952 nach London, wo Jaroslav Švec im Fachbereich der Medizin beruflich tätig sein konnte. Drei Jahre später übersiedelte Familie Švec nach Äthiopien. In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba lebten in den 1950er und 1960er Jahren zahlreiche Tschechoslowaken. Jaroslav Švec arbeitete dort als Arzt und beteiligte sich am Aufbau von zwei äthiopischen Krankenhäusern. Nach einem Jahrzehnt in verschiedenen Städten Äthiopiens erhielt Familie Švec schließlich ein Visum für die USA und ließ sich im Dezember 1965 in Kalifornien nieder. Später, nach dem Erwerb der US-Staatsbürgerschaft, lebte Familie Švec in Michigan, wo MUDr. Jaroslav Švec 1993 verstarb, ohne sein Heimatland jemals wieder gesehen zu haben.
[Archiv der Familienchronistin Kristýna Sovová]