Karel Truksa

Fahrdienstleiter und führender Organisator der Flucht mit dem Personenzug

Karel Truksa lebte vom 23. Februar 1922 bis zum 18. Dezember 1993. Er wurde in Rakovník als Sohn eines Lokomotivführers der Tschechoslowakischen Staatsbahnen geboren und wuchs in Buchau / Bochov auf. Die Kleinstadt zwischen Karlsbad und Prag war zu rund 90 Prozent von Einwohnern deutscher Nationalität bewohnt. Tschechen waren vor allem Staatsbedienstete, wie bei der Bahn, Post, Gendarmerie oder Lehrer sowie deren Familien. Karel Truksa stammte aus einer tschechischen Familie, er wuchs jedoch zusammen mit deutschen Kindern auf und war zweisprachig. Nach der Volksschule gaben ihn seine Eltern zu den Großeltern nach Rakonitz / Rakovník, damit er eine Realschule besuchen konnte. Er trat dem tschechischen Turnverein Sokol bei, der eine national-patriotische Gesinnung pflegte. 1938 meldete sich Karel Truksa freiwillig zu den Hilfsdiensten der tschechoslowakischen Armee. Mit deren Truppen kam er bis zur Abtrennung der sudetendeutschen Gebiete am 1. Oktober 1938 als Meldegänger weit im Grenzland herum.

Nach der Besetzung der übrigen tschechischen Landesteile durch die Wehrmacht und Ausrufung des Protektorats Böhmen und Mähren am 16. März 1939 arbeitete Karel Truksa in einem Getreidelager. Vom November 1942 an war er als Zwangsarbeiter in einer Chemiefabrik in Aussig an der Elbe / Ústí nad Labem und beim Wiederaufbau einer durch einen Bombenangriff zerstörten Fabrik in Brüx / Most eingesetzt. Dort wurde er bei einem Luftangriff verwundet und nach Hause geschickt. Nach der Genesung begann Karel Truksa bei der Eisenbahn zu arbeiten. Er wurde von der Pike auf angelernt und arbeitete nacheinander als Rangierer, Weichensteller, Zugbegleiter, Telegrafist und Zugführer. Schließlich legte er die Fahrdienstleiter-Prüfung ab.

Nach einer Notlandung von Tieffliegern bei Rakonitz versteckte Karel Truksa im Frühling 1945 einen britischen Piloten eine Zeitlang bei sich zu Hause.

Am 16. Mai 1945 kehrte Karel Truksa nach Hause zurück. Danach wurde ihm ein neuer Dienstort zugewiesen. Es war der Bahnhof Asch, in dem von Kriegsschäden und der Vertreibung der deutschen Bevölkerung stark gezeichneten Grenzland. Dort sei er durch seine Kritik an den Praktiken der tschechoslowakischen Behörden auffällig geworden, die ihm oft eigennützig und ungerecht erschienen, schrieb Truksa später in seiner Autobiographie „Zur Sonne der Freiheit“. [Truksa und Konvalinka, 1951, S. 34]. Im Dienst lernte er den Lokführer Jaroslav Konvalinka kennen, der ähnlich gesinnt war wie er.

Truksa und Konvalinka hörten von zahlreichen Gewalttaten an Bewohnern der Grenzgebiete und sahen selbst auf den Bahnhöfen an der Grenze brutale Gräueltaten an Flüchtlingen mit an. Sie beschlossen, nicht untätig zu bleiben. Truksa schreibt darüber in „Zur Sonne der Freiheit“:

„Nach einer Unterredung mit Jarda [Jaroslav Konvalinka] beschlossen wir, einigen Unglücklichen zu helfen und sie über die Grenze zu befördern, da wir eine einzigartige Gelegenheit dazu hatten. Während meines Aufenthaltes in Asch hatte ich mich gründlich mit der Grenze bekannt gemacht, sodass unsere Wege sowohl mit der Bahn als auch zu Fuß gehen konnten. Und schon ist der erste Mensch da, einige Tage darauf der zweite, dann weitere, langsam wächst die Zahl der von uns über die Grenze gebrachten Personen.“ [Truksa und Konvalinka, 1951, S. 41].

Am 19. November 1949 wurde Karel Truksa verhaftet. In der Untersuchungshaft versuchte man unter Anwendung von Foltermethoden, ein Geständnis von ihm zu erzwingen, da keine direkten Beweise gegen ihn vorlagen. Bei einer ärztlichen Untersuchung machte er die Bekanntschaft des Ascher Amtsarztes Jaroslav Švec, der zugleich Gefängnisarzt war; Švec machte Truksa Hoffnung auf eine baldige Entlassung, was diesem zunächst zweifelhaft erschien. Am 10. März 1950 wurde Truksa tatsächlich mangels Beweisen entlassen.

Die im Kerker gemachten Erfahrungen bestärkten Karel Truksa nur noch darin, dass es notwendig sei, den Kommunismus aus allen Kräften zu bekämpfen. Darin war er sich mit Jaroslav Konvalinka einig. Beide stellten sich in den Dienst der im Untergrund agierenden Widerstandsgruppe, der Truksa seine Freilassung verdankte.

Dann heiratete Karel Truksa, und im Februar oder März 1951 kam sein Sohn zur Welt.

Im Frühling 1951 wurde Truksa von einem Mitglied seiner Widerstandsgruppe darauf hingewiesen, dass er erneut unter verschärfter Beobachtung der Polizei stehe. Am 7. September erfuhr er, dass ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden sei.

Am 11. September 1951 glückte Karel Truksa die Flucht mit dem von ihm und Konvalinka bei Asch über die Grenze nach Selb-Plößberg umgeleiteten Personenzug. Seine Frau saß mit ihrem siebenmonatigen Söhnchen ebenfalls im Fluchtzug, die ganze Familie ging ins Exil.

Die Familie Truksa erhielt – ebenso wie die Familie Konvalinka - Asyl in den Vereinigten Staaten. Am 17. November 1951 flogen die beiden Familien vom Flughafen Frankfurt nach New York ab. Auf dem internationalen Flughafen Idlewild hieß sie der Präsident der Firma Lionel Corp., Lawrence Cowen, persönlich willkommen und sagte ihnen einen Arbeitsplatz in seiner Fabrik zu. Die Firma Lionel stellt Modellzüge und andere Spielzeug-Fahrzeuge her, es gibt sie noch heute. In den Vereinigten Staaten wurden Truksa und Konvalinka einen Monat lang als Helden der Freiheit gefeiert. Sie machten eine Propagandatour durch acht Millionenstädte und wurden überall mit höchsten Ehren empfangen. Die Stationen ihrer Reise waren New York, Washington, Boston, Philadelphia, Pittsburgh, Cleveland, Chicago und Detroit. Auf ihrer Reise besichtigten sie Sehenswürdigkeiten und Industrieunternehmen, gaben Interviews bei Rundfunk- und Fernsehstationen und traten auf Veranstaltungen tschechoslowakischer Landsleute auf.

Danach verlieren sich die Spuren der Familien Truksa und Konvalinka. Über ihr weiteres Schicksal ist so gut wie nichts bekannt.

[Truksa und Konvalinka, 1951].