Als Freiheitsheld unvergessen
Die Familie Trobl bestieg am 11. September 1951 den Schnellzug von Prag nach Eger nicht zufällig. Sie war informiert, dass es eine Fluchtmöglichkeit über Asch geben würde. Václav Trobl, geboren 1906 in Prag, war früher Beamter der Prager Kriminalpolizei in einer leitenden Position gewesen. Nach der Machtergreifung der Kommunisten verlor der Kriminalist seine Stelle. In den folgenden Jahren setzte sich Václav Trobl für den antikommunistischen Widerstand ein. Er war ein guter Bekannter des Arztes Jaroslav Švec. Ins Exil ging Václav Trobl ging zusammen mit seiner Frau Vlasta und seinem damals siebzehnjährigen Sohn Zdeněk.
Familie Trobl Mitte des 20. Jahrhunderts
Familie Trobl erhielt ein Visum nach Kanada. Die Trobls schifften sich zusammen mit anderen politischen Flüchtlingen des Freiheitszuges am 15. Oktober 1951 in Bremerhaven ein und gingen am 24. Oktober 1951 in Halifax an Land. Von dort fuhren sie mit dem Zug nach Ajax und nach einem Zwischenaufenthalt weiter nach Toronto.
Zdeněk Trobl hat seine ersten Eindrücke aus der Neuen Welt später auf einer Internet-Plattform der Gemeinde der Tschechen und Slowaken in Kanada mitgeteilt: Zuerst passierten sie mit dem Schiff Neufundland, dann kreuzten freundliche Delphine ihren Weg; auf der Bahnfahrt nach Ajax tauchten sie schließlich in die endlosen grünen Weiten der Provinzen Québec und Ontario ein. Zwei Wochen lang durften die Trobls in einem Gästehaus wohnen. Die spektakuläre Zugentführung hatte selbst in Toronto großes Aufsehen erregt. Die Tageszeitung The Toronto Telegram feierte den „Diebstahl des Zuges auf dem Prager Wilson-Bahnhof und dessen Entführung geradewegs in den Schoß der amerikanischen Truppen in Wildenau“ als eine der großartigsten Befreiungsaktionen aus einer Tyrannei in der jüngeren Geschichte der Menschheit.
Nach der zweiwöchigen Atempause mussten sich die Trobls auf eigene Füße stellen. Ohne fließendes Englisch waren die Neuankömmlinge auf die Hilfe von Landsleuten angewiesen, die bereits in Kanada Wurzeln geschlagen hatten. Vlasta Troblová knüpfte Kontakte in einer Begegnungsstätte der Tschechen und Slowaken in Toronto, dem Masaryk-Institut in der Cowan Avenue; seit Mitte der 1980er Jahre ist der stattliche, denkmalgeschützte rote Ziegelbau als Masaryk-Cowan-Freizeitzentrum bekannt.
Der Vorsitzende des Masaryk-Instituts gab Vlasta Troblová Arbeit in seiner Schneiderei. Danach arbeitete sie als Haushälterin bei einem Arzt, bis sie zu einer slowakischen Landsmännin wechselte, in deren Haushalt sie dann 32 Jahre lang zufrieden arbeitete.
Am 29. Oktober 2012 beging Vlasta Troblová, inzwischen verwitwet, in einem Seniorenwohnheim im Beisein ihres Sohnes Zdeněk Trobl ihren 100. Geburtstag. Eine Laudatio aus der Feder eines Landsmannes in Toronto, des Juristen und Schriftstellers Josef Čermák, würdigte Vlasta Troblovás gemeinnütziges Engagement in der dortigen Gemeinde der Tschechen und Slowaken. Sie gedachte auch ihres verstorbenen Mannes Václav Trobl, der in der Gemeinde unvergessen ist; er gilt in deren Kreisen bis heute als Freiheitsheld und Schlüsselfigur der Flucht mit dem Personenzug am 11. September 1951.
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